in Verbindung mit der internationalen Tagung Brettspiele im Mittelalter – Das Mittelalter im Brettspiel. Poetik, Rezeption, Praxis (21.–23.11.2024)
Universität Freiburg
22.11.2024
Organisation: Dr. Inci Bozkaya, PD Dr. Robert Schöller, Cyril Senn, M.A.
Das Spiel – sei es als Video-, Pen-&-Paper-Rollen-, Karten- oder Brettspiel – zählt zu den populärsten Medien der Gegenwart: Nicht von ungefähr bestimmte der amerikanische Kulturwissenschaftler und Gamedesigner Eric Zimmerman das 21. Jahrhundert als «ludic century». Der Germanistiktag 2024 stellt in drei Vorträgen aus den verschiedenen Fachbereichen die Frage nach der Relevanz von Spielen als Gegenstand der deutschsprachigen Sprach- und
Literaturwissenschaft. Lassen sich durch germanistische Fragestellungen die Besonderheiten ludischer Textualität fassen? Inwiefern und auf welche Art und Weise erzählen Spiele, sowohl auf semiotischer, narratologischer aber auch auf multimodaler und pragmatischer Ebene? Wie werden Aspekte ludischer Textualität in Sprache und Literatur aufgegriffen, verarbeitet und fruchtbar gemacht? Gleichzeitig soll das didaktische Potenzial von Spielen ausgelotet werden, insbesondere deren Fähigkeit, Wissen in spielerischer Form zu vermitteln. Die Frage der Nutzbarmachung dieser ludischen Aspekte im (hoch-)schulischen Unterricht für die Germanistik bildet den Gegenstand der Podiumsdiskussion. Die Lesung am Abend führt zurück zur Buchform der Gegenwartsliteratur und zu der Frage, ob der Mensch erst im Spiel zu sich findet oder sich am Ende darin verliert.
Anmeldung ab 9. Oktober an dieser Stelle. Die Teilnahmegebühr beträgt 20 CHF. Für Mitglieder der SAGG als auch für die Vortragenden und Moderierenden der Tagung "Brettspiele im Mittelalter - Das Mittelalter im Brettspiel" sowie für Studierende ist die Teilnahme kostenlos.
10:00–10:30 | Begrüssung und Einleitung |
10:30–11:15 | Jan-Noël Thon (Osnabrück): Erzählen im Computerspiel: Theorie und Analyse |
11:15–11:45 | Kaffeepause |
11:45–12:30 | Hiloko Kato (Zürich): Linguistische Zugänge zum digitalen Spiel – mit Fokus auf Interaktion und Agency |
12:30–14:00 | Mittagspause |
14:00–14:45 | Franziska Ascher (Wuppertal): Ludonarrative Strukturen in Spiel und mittelalterlicher Literatur |
14:45–15:15 | Kaffeepause |
15:15–16:15 | Podiumsdiskussion: Verspielte Chance? Das Potential von Spielen im (hoch-)schulischen Unterricht u.a. mit Andrea Reichmuth (Zürich) und Ulrich Schädler (Freiburg) |
16:30–18:30 | Mitgliederversammlung der SAGG |
19:15 | Lesung von Tonio Schachinger aus seinem Buch Echtzeitalter |
ca. 20:30 | Ende des Germanistiktages |
Der Vortrag befasst sich aus theoretischer und methodologischer Perspektive mit der digitalen Erzählform des Computerspiels, wobei hier insbesondere das Spannungsverhältnis von ‚Interaktivität‘ und ‚Nonlinearität‘ anhand ausgewählter rezenter Beispiele narrativ komplexer Computerspiele thematisiert werden soll. Während sich ‚Interaktivität‘ als obligatorisches Merkmal digitaler Erzählformen aus dem basalen ‚Feedback Loop‘ (Eingabe/Ausgabe) zwischen Nutzer*in und Computer ergibt, lässt sich ‚Nonlinearität‘ als optionales Merkmal digitaler Erzählformen im Sinne des Vorliegens einer nonlinearen narrativen Struktur verstehen, deren Aktualisierung die Nutzer*innen substantiell beeinflussen können. Gerade narrativ komplexe Computerspiele verbinden das interaktive Spielgeschehen dabei häufig mit nonlinearen narrativen Strukturen, die vielfältige Möglichkeiten für die Reflexion der Kulturtechnik des Erzählens unter digitalen Bedingungen bieten.
Auch die Linguistik bietet schon seit Längerem Zugänge zu digitalem Spiel. Dieser Beitrag bietet zunächst eine Übersicht über wichtige Arbeiten und präsentiert auch kurz Themen, mit denen sich Studierende in einem gleichnamigen Seminar in Basel und Zürich beschäftigt haben. Im zweiten Teil liegt der Fokus auf Interaktion und digitaler Agency, wobei nicht nur Spielende, sondern auch menschliche oder tierische Non-Player Character in die linguistischen Untersuchungen miteinbezogen werden. Dabei werden mit Hilfe multimodal-interaktionalen Ansätzen sowohl technologische, ludische und soziale Praktiken unter die Lupe genommen, die zusammen digitales Spielen ausmachen.
Literatur als Spiel oder das Spielerische der Literatur sind beliebte Metaphern, sowohl im Literaturbetrieb als auch in der Literaturwissenschaft. Diese Form der Bezugnahme bleibt oft unreflektiert, kann jedoch analytisch einen guten Ausgangspunkt bieten, um sich zu fragen, was die Spielmetapher in diesem Kontext eigentlich leistet und welche faktischen Parallelen ihr zugrunde liegen. Insbesondere die mittelalterliche Literatur bietet hier zahlreiche Anknüpfungspunkte – angefangen von Spezifika ihrer Entstehens- und Überlieferungssituation bis hin zu einem narrativen Schwerpunkt auf (Figuren-)Handlungen gibt es vieles, was sie mit verschiedenen Arten von Spielen teilt.
Die Faszination, die Spiele im Allgemeinen und Computerspiele im Besonderen auf Kinder und Jugendliche, aber auch auf Erwachsene ausüben, ist hinlänglich bekannt. Spiele verfügen über das Potential, die Konzentrationsfähigkeit der Spielenden über viele Stunden auf einem erstaunlichen Niveau zu halten. Obgleich diese spezifische Qualität von Spielen durchaus auch eine bedrohliche Seite – die Suchtgefahr – hat, kann sie zum anderen höchst effektiv zur Entfaltung kreativer Prozesse und zum ‚Einspielen‘ von Lerninhalten genutzt werden. In der Podiumsdiskussion werden die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Spielen im schulischen und universitären Unterricht, aber auch in anderen Bereichen wie etwa der Museumsdidaktik, diskutiert und Erfahrungen mit dem Konzept der Gamification ausgetauscht.
Tonio Schachinger erzählt in seinem preisgekrönten Roman ‚Echtzeitalter‘ die Geschichte von Till Kokorda, einem unscheinbaren Schüler im elitären Wiener Internat Marianum. Während Till den strengen Unterricht und die veralteten Ansichten seiner Lehrer als notwendiges Übel hinnimmt, führt er ein aufregendes Doppelleben als gefeierter Top-10-Spieler des Echtzeit-Strategiespiels ‚Age of Empires 2‘. Schachinger, der bereits mit seinem Debüt ‚Nicht wie ihr‘ auf sich aufmerksam machte, zeigt in ‚Echtzeitalter‘ die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens, die Kämpfe gegen autoritäre Strukturen und die Suche nach persönlicher Erfüllung. Begleiten Sie Till durch die Herausforderungen der Pubertät, den Verlust seines Vaters und die ersten Liebesabenteuer, während er versucht, seine Leidenschaft für E-Sport mit den Erwartungen seines Umfelds zu vereinen. Ein zeitloser und gleichzeitig hochaktueller Roman, der die Kraft einer guten Geschichte eindrucksvoll unter Beweis stellt.